Mein schwerer Rucksack zieht mich von der Ladefläche des Gruppentaxis, ich kann mich gerade noch am Knie eines Mitreisenden festhalten, um nicht mit dem Rücken auf der Straße zu landen. Die enge Ladefläche ist voll mit Backpackern jeden Alters. Da ist eine 5 köpfige französische Familie, ein Kanadier mit Strohhut, ein weltreisender Philippino, ein junger Deutscher , eine Amerikanerin, zwei jüngere englische Paare und wir natürlich. Alle haben das gleiche Ziel, die nächsten beiden Tage am Mekong entlang der thailändischen Grenze nach Ban Houayxay zu fahren.
Slowboatride am Mekong
Tipp: Tickets für den Trip am Slowboat bekommst du in jedem Reisebüro in Luang Prabang. Im Ticketpreis ist bereits der Transfer vom Hotel zur Bootsablegestelle inkludiert. Die Tour dauert zwei Tage, einmal übernachtest du in Pakbeng. Hier kannst du dir vorab ein Zimmer buchen. Für die gesamte Fahrt nach Ban Houayxay beträgt der Ticketpreis KIP 130.000,–/ ca. EURO 14,–. Den ersten Teil zahlst du in Luang Prabang, den zweiten Teil direkt in Pakbeng. Der nächste Stop ist Ban Houayxay, dort übernachtest du nochmals und kannst am nächsten Tag die Grenze nach Thailand überqueren. Die Hotels kümmern sich um den Transfer.
Das typische Mekong Personenschiff ist ein überdachtes Langboot, auf dem ausrangierte Bussitze eine zweite Chance bekommen. Platz ist genug vorhanden, das Gepäck schnell verstaut, das war es dann. Ungewöhnlich, nach all den Aktivitäten der letzten Woche, müssen wir uns keine Gedanken machen, was wir den Tag über tun sollen. Entschleunigen ist angesagt.
Los geht´s
Mönche in orangefarbenen Roben kommen an Bord und nehmen direkt vor uns Platz. Einheimische für die das Boot die einzige Transportmöglichkeit in ihre Heimatdörfer ist, setzen sich bevorzugt in den vorderen Teil des Bootes, in die Nähe ihrer in großen Säcken verpackten Habseligkeiten. Noch schnell ein Motorrad an Bord gehievt und schon legen wir ab.

Unser Zwischenziel ist die Stadt Pak Beng. Für die gerade 200 Kilometer lange Strecke ist das Boot den ganzen Tag unterwegs. Slowtravelling im Slowboat steht am Plan. Die englischen Paare verschieben die lose am Boden aufgestellten Bänke, sodass sie einander gegenübersitzen können, und beginnen zu plaudern. Sie hören erst 9 Stunden später, in Pak Beng wieder auf. Das nenne ich Ausdauer.
Die französische Familie beschäftigt sich mit ihren Kindern. Der 4-jährige Elouan erkundet mutig das Boot und fixiert fasziniert einen der Mönche. Dem gutmütigen Ordensmann bleibt gar keine andere Wahl, er muss mit seinem neuen Freund spielen.

Der Kanadier, der Filipino und der deutsche bilden ein Grüppchen und erzählen sich ihre Reiseabenteuer.
Klippen und Strudel
Doris liest ein Buch und ich schlurfe Richtung Bug. Durch die Schiebetür am Steuermann vorbei, kann man den überdachten Bereich verlassen. Ich stehe dort für einige Minuten und beobachte fasziniert, wie das Boot die braungrünen Fluten des Mekongs durchpflügt. Kleine Strudel kräuseln die Oberfläche, immer wieder ragen spitze Klippen aus dem Wasser. Der Bootsführer muss sehr konzentriert sein um nicht aufzulaufen.

Speedboat vs. Slowboat
Ein paarmal brettern kleine Speedboote in hohem Tempo an uns vorbei. Die Strecke, für die wir einen Tag benötigen, legen diese Boote in 3 Stunden zurück. Die Insassen tragen ihre Helme nicht ohne Grund. Reiseberichte warnen vor diesen Booten, da es immer wieder zu schweren Unfällen kommt, wenn diese mit hohem Tempo mit knapp unter Wasser gelegenen Riffen zusammenstoßen.
Außerdem verpasst du auf diesem Booten die Schönheit der Landschaft und das entspannende Gefühl der Langsamkeit. Drei Stunden verkrampft auf einem lauten Boot hocken, zusammengepfercht, immer die drohenden Gefahr eines Unfalls im Hinterkopf, nein Danke. Dann schon lieber Slowboat.

Die hügelige Landschaft entlang des Mekong fasziniert mich. Es gibt viel zu sehen. Kinder spielen am Ufer und winken uns freundlich zu, Wasserbüffel baden in seichten, schlammigen Tümpeln, eine Wasserschlange gleitet elegant über den Fluss, ab und zu blitzt ein kleines Dorf aus dem Wald hervor.
Stromdiebe in Montreal
Ich lernte auf meinen bisherigen Trip schon einige interessante Leute kennen, auch diesmal werde ich nicht enttäuscht. Der Kanadier Steve kommt ebenfalls an den Bug und wir unterhalten uns.
Steve hat einen interessanten Job. Er arbeitet im Securitybereich beim größten Stromanbieter Kanadas. Zu seinen Aufgaben gehört es, Stromdieben auf die Schliche zu kommen. Meine Neugierde war geweckt. Stromdiebe, in Kanada, wie geht das? Er schildert, dass es in den vornehmlich von asiatischen Zuwanderern bewohnten Vierteln der Stadt, Strom einfach von den Leitungen abgezapft wird.
Die größten Stromdiebe sind illegale Kanabisproduzenten. Die lichthungrigen Pflanzen werden bevorzugt in Kellern oder ehemaligen Fabrikhallen gezüchtet, und benötigen jede Menge Energie, für Entlüftung und die Beleuchtung. Skurril ist, dass die illegalen Pflanzenzüchter es sich ohne weiteres leisten können, die Stromgebühren zu bezahlen. Nur wird die Polizei bei besonders hohem Stromverbrauch misstraurisch, und so erst recht auf die Drogenfarmen aufmerksam. Um das zu vermeiden, begehen die Hobbyzüchter eben Stromdiebstahl. Und was kann ich erzählen. Ich verkaufe Hard- und Software und ein wenig Dienstleistung, wie spannend.
Pak Beng
Der Abholservice unseres Hotels steht schon am Pier, als wir am späten Nachmittag Pak Beng erreichen. In der Nebensaison ist hier extrem wenig los und wir ziehen als einzige Gäste in den Hotelblock über dem Fluss. Die Aussicht auf den abendlichen Mekong ist überwältigend, aber im Zimmer ist es stickig und heiß, an entspanntes Schlafen ist bei 38° nicht zu denken. Ich möchte die Klimaanlage aufdrehen, aber halt. Wo ist die Klimaanlage? Ich haste an die Rezeption, möchte den Manager sprechen. In unserer Buchungsbestätigung steht, dass die Räume klimatisiert sind, sonst hätte ich das Hotel nicht gebucht. Der Manager ist zerknirscht, es handelt sich um eine falsche Angabe auf der Buchungsseite. Als Trostpflaster bekommen wir ein Gratisabendessen mit Weinbegleitung. Na gut, eine Nacht werden wir schon überstehen.

Brandrodung
Auf der Terrasse des Hotelrestaurants, die wir ganz für uns allein haben, blicken wir auf das gegenüberliegende Ufer. Glutrote Brandschneisen erhellen die Nacht, auch hier wird der Regenwald massiv abgeholzt. Ein dünner Aschefilm bedeckt Tische und Stühle, und immer wieder schwirren größere Brandpartikel durch die Luft.
In der Nacht kühlt es Gott sei Dank ab, der Ventilator läuft auf Hochtouren und wir schlafen wider Erwarten sehr gut.
Am nächsten Tag geht es auf einem anderen Boot weiter. Es ist ein wenig kleiner als jenes vom Tag davor, aber es ist trotzdem genug Platz für alle. Die losen Bänke werden umgestellt, das Gepäck verstaut und schon geht es los.
Spidermonk
Der kleine französische Junge und der Mönch sind dicke Freunde geworden. Oder sagen wir so, der Mönche hat gar keine Wahl. Der Knabe tollt heute in einem Spiderman T-Shirt auf dem Schiff herum. Seine Eltern nennen ihn deshalb liebevoll – Spidermonk.

Ich kam mit seinem Vater ins Gespräch. Er arbeitet mit seiner Frau auf Madagaskar in einem Krankenhaus, er als Pfleger sie als Zahnärztin. Sie sind mit ihren Kindern 5 Monate auf Weltreise. Da muss es in Frankreich irgendetwas Spezielles geben, das ist schon die zweite weltreisende, französische Familie die uns begegnet. Sie unterrichten ihre Kinder selbst und es funktioniert augenscheinlich gut. Die Kinder sind zwischen 4 und 12 Jahre alt und ich denke, dass sie für ihr späteres Leben extrem von dieser Erfahrung profitieren werden.

Brandrodungen II
Noch offensichtlicher als auf unserer Fahrt von Vang Vieng nach Luang Prabang, ist die Umweltzerstörung entlang des Mekong. Je weiter wir Fluss aufwärts fahren, desto öfter sehen wir die Ergebnisse von Brandrodungen und weitläufige Abholzungen. Kahle Hänge säumen das Ufer, dazwischen vereinzelte Hütten, die irgendwie verloren wirken. Wenn die in diesem Tempo weitermachen, wird es bald keinen Wald mehr geben. Es riecht ständig nach verbranntem Holz, grobe Aschepartikel wirbeln durch die Luft und ein feiner Aschefilm bedeckt die ganze Umgebung. Straßen säumen jetzt die Ufer des Mekong und der Charakter der Landschaft verändert sich.

Wir erreichen Ban Houayxay, die letzte Station unserer Bootsfahrt. Hier müssen wir noch eine Nacht verbringen und können am nächsten Tag die Grenze nach Thailand passieren.

Das Geisterhotel
In Booking.com entdecke ich ein interessantes Hotel. Das mit 5 Sternen klassifiziert ist, aber extrem schlechte Bewertungen aufweist. Und dann der Preis, umgerechnet $ 30,– für eine Nacht. Um dieses Geld kriegst du nirgendwo auf der Welt ein Zimmer in einem 5 Sterne Hotel. Das will ich sehen und buche. Doris ist misstraurisch, aber was soll bei einem 5 Sterne Hotel schon schief gehen.
Limousinenservice
Am Ufer erwartet uns der Fahrer des Hotels mit einer Bentley ähnlichen weißen Limousine, um uns in das 12 km außerhalb des Ortes gelegene Hotel zu bringen. Ich bin erleichtert, da ich nicht sicher war, ob die Abholung klappen würde. Zwar habe ich dem Hotel unsere Ankunftszeit mitgeteilt, bekam aber keine Antwort auf meine E-Mail.
Es fühlt sich irgendwie dekadent an. Unsere Mitreisenden verhandeln den Fahrpreis für einen Platz auf der Tragfläche eines Lastwagentaxis und wir werfen unsere Rucksäcke in den Kofferraum einer Luxuslimousine mit Privatchauffeur. Wir können es immer noch nicht glauben, $ 30,–, wo ist der Haken.
Der Hotelkomplex liegt auf einer Anhöhe direkt am Grenzübergang und der An- und Ausblick ist milde, gesagt nicht überragend. Durch die spärliche Beleuchtung wirkt der Bau wie ein Geisterschloss, ein Geisterhotel in diesem Fall.
Unser Fahrer steigt aus, krallt sich einen Rucksack und deutet uns, ihm zu folgen. Er schließt das Empfangszimmer auf und begibt sich hinter den Tresen. Der Fahrer ist gleichzeitig auch der Rezeptionist. Der Kopierer ist kaputt, unser Rezeptionist/Chauffeur ist überfordert. Ich rate unserem ihm, unsere Pässe mit dem Smartphone zu fotografieren, er überlebt kurz – ja das funktioniert.
Chinesenbarock
Eine weitere Hotelangestellte erscheint und bringt uns auf unser Zimmer. Wow, was für ein Zimmer. Ein riesiger Raum mit wuchtigen, goldfarben bestrichenen Möbel leuchtet uns entgegen.
Der Ausstattungsstil lässt sich am besten mit Chinesenbarock umschreiben. Schnitzereien von Drachen und Dämonen verzieren die Möbel, ähnlich wie in einem Chinarestaurant bei uns.
Als wir nach einer Essensmöglichkeit fragen, deutet uns der Rezeptionist in der Limousine Platz zu nehmen. Er führt uns in die Stadt zurück und wartet dort, bis wir gegessen haben. Schön langsam dämmert uns, dass wir die einzigen Gäste im Hotel sind und eine Sonderbehandlung genießen. Mit privatem Chauffeur und alles ohne Aufpreis.
Auf nach Thailand
Das Frühstück genießen wir auf der weitläufigen Terrasse mit Ausblick auf die darunterliegende Zollstation. Es bedient uns, richtig erraten, unser Chauffeur. Nach dem Checkout nehmen wir wieder in seiner Limousine Platz und er führt uns direkt zur Grenze. Wir bedanken uns bei ihm mit einem Trinkgeld und müssen ab sofort wieder in normalen Transportmitteln Platz nehmen.
Geldwäsche?
Belustigt spekulieren Doris und ich, was es mit diesem Hotel auf sich hat. Das kann sich nie rechnen. Die schlechten Kritiken beruhen darauf, dass es den Leuten unheimlich war, die einzigen Gäste in so einem riesigen Schuppen zu sein. Wir vermuten Geldwäsche, aber es kann auch sein, dass dieses Hotel ein staatlich geführtes Prestigeobjekt ist. Der wuchtige Bau ist von Thailand aus gut zu sehen. Wie auch immer, wir haben den Aufenthalt nicht bereut und sind um eine Hotelerfahrung reicher.

Die Grenzformalitäten sind schnell erledigt und ein Bus bringt uns zuerst über die Brücke nach Thailand. Von dort geht es dann weiter nach Chiang Mai, wo ich die letzten gemeinsamen Urlaubstage mit Doris verbringe, bevor sie wieder nach Hause fliegt.
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