Ich komme wieder einmal früh morgens in einer fremden Stadt an. Diesmal in Jodhpur, auch die blaue Stadt genannt. In Rajasthan, einer für mich völlig neue Welt auf dem Subkontinent. Rajasthan, heißt frei übersetzt „Land der Rajas“, benannt nach ihren hinduistischen Herrschergeschlechtern, den sogenannten Rajas eben. Jodhpur – die blaue Stadt, ist eine für indische Verhältnisse eher kleine Ansiedlung mit gerade etwas mehr als 1 Million Einwohnern.

Im Dunkeln zum Guesthouse
Der Taxifahrer fährt mich vom Bahnhof durch immer enger werdende Gassen in Richtung meines Quartiers. Irgendwann ist die Straße dann so eng, dass ich zu Fuß weitergehen muss. Es ist dunkel, die Stadt liegt noch im Tiefschlaf. Schwer bepackt suche ich mein Guesthouse. Im Gassengewirr der sogenannten blauen Stadt orientiere ich mich an auf Häusermauern aufgemalten, teils schon verblichenen Hinweisschildern. Immer auf meine Schritte achtend, denn Kühe und Hunde hinterließen überall ihre übel riechenden Spuren. Ob die Stadt wohl wirklich blau ist? Im Dunkeln ist das schwer auszumachen.

Zuerst ausruhen?
Schließlich finde ich mein Ziel und der noch schlaftrunkene Besitzer zeige mir mein Zimmer und die Dachterrasse, mit einem fantastischen Ausblick über Jodhpur und die nähere Umgebung. Er meint ich solle mich mal ausruhen, etwas später gibt es Frühstück. Es war kurz vor Sonnenaufgang. Ausruhen, von wegen. Kamera und Stativ ausgepackt und bald geht ein glutroter Feuerball über der blauen Stadt auf. Wow, welch eine Begrüßung. Die ganze Stadt liegt zu meinen Füßen.
Warum blau
Jetzt kann ich erkennen, dass einzelne Häuser wirklich blau angemalt sind. Es gibt mehrere Überlieferungen und Begründungen dazu. Am plausibelsten klingt noch die Erklärung, dass die blaue Farbe als Schutz gegen die unbarmherzige Sonneneinstrahlung, quasi Kühlung der Häuserwände aufgetragen wurde. Ähnlich wie in Santorin in Griechenland. Aber so genau weiß man das nicht. Wie auch immer, es sieht verdammt gut aus.
Meherangarh Fort
Von der Dachterrasse aus kann ich auch schon die mächtige Festung, die über der Stadt thront, erblicken. Gleich nach dem Frühstück geht es los. Ein paar Stufen hochgestapft und bevor die ersten Touristenbusse eintrafen, bin ich schon im Meherangarh Fort.

Festungsanlagen in Rajasthan
Das Meherangarh Fort ist die erste einer ganzen Reihe von Festungsanlagen, die ich in Rajasthan noch besuchen werde. Ursprünglich errichtete man diese Festungen aus Lehm. Als die islamischen Mogulherrscher ab dem 11. Jahrhundert immer weiter nach Indien und auch Rajasthan vordrangen, erwies sich diese fragile Architektur bei der Verteidigung gegen die Eindringlinge als wirkungslos. Also was tun gegen die Aggressoren, die in das Land strömten? Die Festungsbauer der hinduistischen Herrscher fanden schließlich eine Lösung. Es lagen ja genug Steine in der Gegend herum und schließlich wurden die ersten wirklich wirkungsvollen Festungsanlagen aus Sandstein erbaut. Vorbilder aus der Mogul-, der persischen und der afghanischen Architektur sind unübersehbar.

Errichtet wurde das Meherangarh Fort im Jahr 1459 unter der Herrschaft von Rhoa Jhoda, gleichzeitig war das auch das Gründungsjahr der Stadt Jodhpur. Das heutige Erscheinungsbild verdankt die beeindruckende Festungsanlage dem Maharaja Jaswant Singh (1638 – 1679). In 2 – 3 Stunden kann man die prächtigen Innenräume und das Museum mit einem Führer, Audioguide oder ganz einfach auf eigene Faust erkunden.
In voller Tracht
Den Besuchern wird einiges geboten. Bereits beim Aufstieg vernehme ich laute Musik. Unmittelbar am Eingang spielt ein Musiker, herausgeputzt in voller Tracht auf traditionellen Instrumenten, um die Touristen zu begrüßen. Sie bieten sogleich ein tolles Fotomotiv. Auch im Inneren des Forts tummelen sich verkleidete Statisten, um Besuchern für Fotoshootings zur Verfügung zu stehen.



Jaswant Thada
Das Grabmal Jaswant Thada befindet sich in unmittelbarer Nähe des Meherangarh Forts. Da es im Februar angenehme, frühlingshafte Temperaturen hat, gehe ich die 500 m zu Fuß. Es ist ein Denkmal aus weißem Marmor, das von Sardar Singh im Jahre 1899, in Erinnerung an Maharaja Jaswant Singh II. erbaut wurde. Das Wahrzeichen besteht aus kunstvollen geschnitzten Bögen aus Marmor. Von der Terrasse aus hat man einen schönen Ausblick auf den Garten und die darunter liegende Stadt.

Ghanta Ghar
Über enge Gassen geht es runter in die Altstadt von Jodhpur bis auf den zentralen Marktplatz. Im Zentrum des bunten Treibens steht der Ghanta Ghar, der sogenannte Uhrturm von Rajasthan. Dieser ist in der Nacht wunderschön beleuchtet und thront über dem Gewusel des Marktes.


Steppwell


In unmittelbarer Nähe des Ghanta Ghar liegt der Steppwell. Ein kunstvoll angelegter Brunnen, mit einem Gewirr von Stufen, über das man bis zur Wasserfläche hinabsteigen kann. Junge Leute aus der Stadt nutzen diesen ursprünglich als Trinkwasservorrat für Jodhpur angelegten Brunnen, um ihren Mut unter Beweis zu stellen und sich abzukühlen. Sie springen von einer 10 Meter hochgelegenen Plattform in das kühle Wasser des Brunnens. Die etwas weniger Mutigen wagen den Sprung von ein paar Stufen tiefer.
No Photo
Am nächsten Morgen bin ich schon früh auf, da ich einen schönen Punkt für Morgenaufnahmen für das Fort entdeckt habe. Also gehe ich frohen Mutes im Dunkeln die Stiegen auf das kleine Felsplateau gleich unterhalb des Forts, baue mein Stativ auf und mache noch vor Sonnenaufgang die ersten Bilder von der Festung. Bald ist es jedoch vorbei mit fotografieren. Einer der Aufseher des Forts entdeckt mich und fordert mich auf das Fotografieren sofort einzustellen.
Vorschrift ist Vorschrift
Auf die Frage nach dem Grund bekomme ich die Antwort, dass ich mich auf Privatgrund befinde und fotografieren erst ab 9 Uhr gestattet ist (sic). Da hilft kein diskutieren und kein fragen nach dem Sinn, also einfach alles wieder abbauen. Ein paar Fotos hatte ich bereits gemacht, also was soll´s. Dieses sinnlose Verbot ärgert mich doch ein wenig. Ich muss ja nicht mal das Gelände verlassen, ich durfte halt nur noch nicht fotografieren, erst ab 9 Uhr. Sonderbares Indien.

Ummaid Pavan Palast
Das beste Hotel in Johpur und gleichzeitig eines der teuersten Hotels des Landes kann ich schon von der Dachterrasse meines Quartiers ausmachen, den Ummaid Bhawan Palast. Bei dem, was ich über das Gebäude gelesen habe, war ich mir nicht sicher, ob ich dort überhaupt hinfahren soll, mache mich aber dann doch auf den Weg, wenn ich schon da bin. Das ca. 5 km vom Stadtzentrum entfernte Hotel wurde in den Jahren 1929 bis 1943 als eine Art Beschäftigungsprogramm für die hungernde Bevölkerung errichtet (!)
Ein musealer Wohnort
Es ist heute das bei Tripadvisor am besten bewertete Luxushotel, nebenbei noch Wohnsitz der Familie des Gründers Sing, und beherbergt zudem ein Museum. In diesem werden die Errichtung des Palastes sowie die Familiengeschichte dargestellt. Der Hang zum Luxus wird ausgiebig zelebriert. Auch dem Polosport ist ein großzügiger Teil der Ausstellung gewidmet. Der angeblich sehr sehenswerte Hotelbereich selbst kann leider nicht besichtigt werden. Außer man mietet sich ein Zimmer. Da muss die Reisekasse aber prall gefüllt sein. 71.000,- Rupies, umgerechnet 878,- EURO kostet die günstigste Suite pro Nacht.

Vor dem Museum befindet sich die Ausstellung von Luxusfahrzeugen der Familie, beginnend mit Baujahren der frühen 20er Jahren bis in die 60er des 20. Jahrhunderts. Darin zu sehen sind Fahrzeuge der Marken Rolls Royce, Buick und ähnliche Schlitten. Interessant sind auch die technischen Angaben. Selbst die teuersten Fahrzeuge der damaligen Zeit hatten gerade mal 20 – 40 PS.

Prunk und Reichtum
Was mich an dem ganzen Prunk irritiert, ist die Umgebung, in die er eingebettet ist. Selbst heute ist die Bevölkerung, was den Lebensstandard betrifft, um es vorsichtig auszudrücken, noch nicht besonders gut situiert. Auf der anderen Seite errichteten Feudalherren prächtige Paläste und genossen den internationalen Jetset. Gegensätze die in Indien auch heutzutage noch sehr oft zu finden sind.

Google Maps …
Mein Gastgeber empfiehlt mir den westlich am Fuß des Meherangarh Forts gelegenen Sunset Point, denn dort habe ich die Chance das Fort legal bei Sonnenuntergang zu fotografieren, ohne mich dem Risiko auszusetzen, wieder verjagt zu werden. Kurz darauf habe ich mich verlaufen und auch Google Maps war in dem engen Gassengewirr überfordert und nicht hilfreich. Entnervt will ich die Suche schon aufgeben, aber moment mal, man könnte ja auch die Einheimischen fragen.
… oder doch einfach fragen
Und siehe da, 5 Minuten später bin ich am Ziel. Manchmal ist eben doch die althergebrachte Weise der Wegfindung der modernen Technik überlegen. Manchmal kommt man dabei, als Belohnung quasi, noch zu interessanten Gesprächspartnern. Ich beschließe künftig weniger mit der Technik zu arbeiten, dafür wieder vermehrt die Kommunikation mit der einheimischen Bevölkerung zu suchen. Schließlich bin ich ja auf Reisen und möchte die Menschen in aller Welt kennen lernen. Wenn man nur über sein Smartphone gebückt ist, geht das schwer und ist auch nicht gut für die Körperhaltung. Noch viel lernen ich muss.

Sunset Point
Der Sunset Point bietet wirklich eine atemberaubende Aussicht über die blau funkelnden Häuser der Altstadt von Jodhpur und das darüber thronende Fort. Das Stativ ist schnell aufgebaut, um die fantastische Sonnenuntergangsstimmung und das im grellen Orange erglühende Fort abzulichten.


Am nächsten Tag heißt es dann mein schmuddeliges, aber gemütliches Zimmer zu verlassen. Die nächste Stadt auf meiner Liste schmückt sich mit dem Prädikat, Pink City. Die rosafarbene Stadt Jaipur.
Also das Meherangarh Fort bei Nacht ist mein Favorit! Wirklich schön!
LGr
Sonja
Dankeschön. Freut mich, dass dir das Bild gefällt. Live ist es natürlich noch viel atemberaubender.
Liebe Grüße auch an Reini und Rafi
Da schließe ich mich an. Ein wirklich tolles Bild!
Danke, ist dir sonst gar nichts aufgefallen. Irgendwelche Socken oder sowas 😉
GLG
Martin
vielen Dank Stefan 🙂