Mindestens 20 Ticketschalter sind bereit für den Ansturm auf Angkor Wat. Es ist 16.45 h. Seit einer halben Stunde warten wir in der brütenden Hitze im neu errichteten Besucherzentrum von Siem Reap auf die Schalteröffnung. Um Punkt 17 Uhr soll es losgehen.
Ungefähr 20 Reisegruppen und 20 Individualtouristen sitzen bereits neben uns. Die Stimmung ist wie kurz vorm Start eines Marathonlaufs. Statt der besten Startposition suchen alle den Schalter mit der kürzesten Warteschlange.
Angkor Pass
Wozu der ganze Aufwand? Es geht um kein normales Ticket. Es geht um die Eintrittskarte zur größten, berühmtesten Tempelanlage der Welt – Angkor Wat. Und du bekommst kein normales Ticket. Nein es ist fast, wie wenn du ein neues Land betrittst. Du bekommst ein Visum oder besser gesagt einen Pass, den Angkor Pass.

Kleine Kameras stehen bei jedem Schalter bereit. Damit werden die Fotos für die personalisierten Eintrittskarten aufgenommen. Und das kann dauern, wenn du eine Reisegruppe vor dir hast, denn jede einzelne Person benötigt ein Foto. Das bedeutet auch, dass sich jeder selbst um sein Ticket anstellen muss und die Tickets nicht über Reisebüros vermittelt werden können.
Das Eintagesticket gilt noch für den selben Tag. Falls du es bis 17.30 h schaffst am Gelände zu sein kannst du noch den Sonnenuntergang fotografieren.
Das Ticketcenter hat zwar von 7.30 bis 17. 30 h geöffnet. Die Eintrittskarten für den nächsten Tag werden aber erst ab 17 Uhr ausgegeben.
Standort und Adresse
Die aktuellen Eintrittspreise:
- 1 Tagespass – US$ 37
- 3 Tagespass – US$ 62
- 7 Tagespass – US$ 72
Und dann ging es unerwartet schnell. Die Schalter öffneten pünktlich, wir waren weit vorn in der Warteschlange. 10 Minuten später hielten wir unseren Angkor Pass in Händen. Am nächsten Tag sollte es um 5 Uhr losgehen. Der Sonnenaufgang am Seerosenteich vor Angkor Wat war unser Ziel.
Sonnenaufgang über Angkor Wat

Frühmorgens wurden wir von unserem Fahrer zum Angkor Wat Tempel geführt. Ich wollte unbedingt den Sonnenaufgang bei der Tempelanlage ablichten. Aber mit dieser Idee war ich nicht allein.

Die Tempelanlagen von Angkor sind die wohl berühmteste Touristenattraktion in Kambodscha. Viele kommen ihretwegen in das Land. Die Hochsaison war zwar vorbei, aber es waren trotzdem schon hunderte Menschen vor Ort, die den Sonnenaufgang über der Tempelanlage miterleben wollten. Es war gar nicht leicht, eine gute Position für meine Kamera zu finden.
Workout für Tempelbesucher

Was dann folgte, kann man als richtigen Workout bezeichnen. Die Anlagen werden nicht einfach nur besichtigt, nein, du musst sie dir erarbeiten. Steile Stufen und enge Gänge führen durch und auf die Anlage. Der beschwerliche Aufgang zum Hauptturm war wegen des großen Ansturms reglementiert und nur 100 Besucher durften sich gleichzeitig darin aufhalten. Die Kamera glühte ob der vielen Motive, die scheinbar darum bettelten abgelichtet zu werden.


Vereinzelt schwebten Heißluftballons über der Anlage, der Ausblick von oben muss überwältigend sein.
Danach besuchten wir den Bayon, der für seine zahlreichen, feingeschnittenen Steingesichter bekannt ist.

Tomb Raider
Den Abschluss unserer Tour bildeten die Tempel Preah Khan und Ta Prohm. Beide beeindrucken durch die Überwucherungen von riesigen Würgefeigen, welche die Bauwerke einerseits zusammenhielten, andererseits langsam zu sprengen drohten.
Ta Prohm ist vielen Kinogängern und Angelina Jolie Fans als Kulisse für einen Tomb Raider Film bekannt. Amüsiert beobachteten wir Besucher die in typischer Actionhaltung breitbeinig aufgestellt die Hände als stilisierte Pistolen mit abgespreizten Zeige und Mittelfinger von sich streckend, vor den Baumgiganten posierten.


In den nächsten Absätzen schildert euch Doris, Hintergründe über die Architektur und Geschichte der Tempelanlagen von Angkor.

Angkor die einstige Hauptstadt der Khmer mit überwältigenden Tempelanlagen der Angkor-Könige – Wohnstätten der Götter und Abbilder des heiligen Weltenbergs Meru
Angkor bildete vom 9. bis zum 15. Jahrhundert das Zentrum der Khmer-Königreiche. Jeder König ließ im Zentrum seiner Stadt einen neuen Tempelkomplex errichten, im Umfeld befanden sich die Siedlungen. Man geht davon aus, dass bis zu 1 Million Menschen die Region besiedelten.
Ausgeklügelte Bewässerungssysteme
Im 10. Jahrhundert wurden ausgeklügelte Bewässerungssysteme und Stauseen angelegt, die mehrere Reisernten pro Jahr zuließen. Dies führte zu Nahrungsüberschüssen, die wiederum brachten Wohlstand und ermöglichten den Ausbau der Städte und die Errichtung gewaltiger Tempelbauten.

Henri Mouhot
Angkor verweilte einige Jahrhunderte im Dornröschenschlaf, bis der französische Forschungsreisende und Naturwissenschaftler Henri Mouhot 1860/61 auf seinem Weg nach Laos die Region durchquerte. Begeistert schickte er Berichte an Zeitungen in aller Welt. Damit weckte er das Interesse an der Erforschung der Kunst und Kultur der Khmer.

1908 begannen die ersten Restaurierungsarbeiten und seit 1992 zählt Angkor zum UNESCO Kulturerbe. Der starke Besucherstrom ist leider auch dafür verantwortlich, dass die Tempelanlagen auf der roten Liste, als stark gefährdetes Kulturgut geführt sind. Millionen Besucher schlängeln sich jedes Jahr durch die alten Anlagen und beschädigen dabei durch Unachtsamkeit oder Ignoranz die Bauwerke.

Großartige Architekten und Meister der Steinmetzkunst
Die ursprünglich hinduistische und danach buddhistische Architektur von Angkor, ist von Götterdarstellungen geprägt. Dies spiegelt sich in den Reliefs der über 800 m langen Galerien von Angkor Wat wieder. Diese unbeschreiblich feinen und überbordenden in Sandstein gemeißelten Flachreliefs, sind die längsten der Welt.
Schöpfungsmythos des Milchozeans
Sie zeigen Darstellungen aus dem indischen Schöpfungsmythos des Milchozeans, dem Urmeer in der hinduistischen Mythologie. Sie dokumentieren auch Schlachten und Szenen aus den indischen Heldenepen, Mahabharata und Ramayana. Allein in diesen Galerien kannst du Stunden verbringen, so faszinierend und vielschichtig sind diese Meisterwerken der Steinmetzkunst.



Architektur der Khmer
Bei der Architektur der Khmer stellte Wasser ein wesentliches Element dar. So dienten Bewässerungssysteme nicht nur landwirtschaftlichen Zwecken, sondern waren auch ein gestalterisches Element. Die Tempelkomplexe symbolisierten das Abbild des Universums. In deren Zentrum sich als Sitz der Götter und Kraftquelle des Universums der heilige Berg Meru erhebt.

Riesige neunköpfige Steinschlangen bewachen die Eingänge zu den Tempeln. Elefantenköpfige Skulpturen, Löwen und geflügelten Drachen sind überall. Die Bauten sind reich verziert mit feinsten Ornamenten und beinahe lebensgroßen Figuren im Halbrelief.
Asparas – himmlische Tänzerinnen
Eine Besonderheit stellen die Apsaras dar, die himmlischen Nymphen (Tempeltänzerinnen). Um die 1900 soll es von ihnen geben. Sie dekorieren Wände von Galerien, Durchgänge und Einfriedungen. Ihre Haartracht, ihre Kleider und ihr Schmuck sind unbeschreiblich filigran gearbeitet. Ihre graziösen Posen, ihr außergewöhnlich friedvoller Gesichtsausdruck und ihr besonderes Lächeln zogen mich richtig in ihren Bann.

Vollendete Ästhetik
Meines Erachtens hat sich diese ästhetische Form der Darstellung auf die Buddhafiguren übertragen. Ich habe bisher in keiner buddhistischen Kunst und Kultur, so anmutige und würdevolle Gesichter an Buddhastatuen oder -reliefs gesehen wie in Kambodscha.

Bis heute wurden, auf einem Areal von mehr als 200 km², an die 1000 Tempel und heilige Stätten entdeckt. Die wohl bekannteste Tempelanlage ist Angkor Wat.
Angkor Wat – der niemals verlassene Tempel
Die Errichtung von Angkor Wat wird meistens der Regentschaft von König Suryavarman II. im 12. Jahrhundert zugeschrieben, wobei sich Forscher bis heute nicht darüber einig sind. Angkor Wat wurde nach der Verlegung der Hauptstadt des Khmer-Reiches in das heutige Phnom Penh niemals komplett verlassen. Er war somit nicht unmittelbar dem Verfall ausgesetzt, wie all die umliegenden Tempel.
Der um die Anlage führende Wassergraben diente zusätzlich als Schutz vor der Überwucherung durch den tropischen Wald. Anders als bei den anderen Tempel wo das Wurzelwerk mächtiger Bäume für die Zerstörung der Anlagen sorgte.
Angkor Thom
Jayavarman, VII war der letzte ruhmreiche Herrscher des großen Khmer Reiches. Er bekannte sich nicht mehr zum Hinduismus, sonder zum Mahayana Buddhismus. Er ließ um 1200 etwas nördlich von Angkor Wat die neue Hauptstadt, Angkor Thom mit dem Bayon als buddhistischem Heiligtum errichten. Dies war die letzte große Hauptstadt des Khmer-Reiches mit Sakralbauten, Prozessionsstraßen, Wassergräben und Kanälen. Eine Besonderheit für die damalige Zeit war das ausgeklügelte Wasserversorgungs- und Abwassernetzt. Es kam gänzlich ohne zusätzliche Pumpensysteme aus, indem es das natürliche Gefälle nutzte.

Raumordnung und Gesichtstürme
Bezeichnend für seinen Baustil war eine neue Raumordnung. Die Skulptur war nicht mehr als Dekoration dem Bauwerk untergeordnet. Auf diese Weise entstanden die noch heute rätselhaften Gesichtstürme.

Wir haben für unsere leider nur eintägige Besichtigungstour ein Tuktuk angeheuert und konnten so auf entspannte Weise einen kleinen Einblick in die Kultur der damaligen Khmer-Reiche erfahren. Nicht umsonst gibt es jedoch einen 7-Tages-Pass. Diesen brauchst du, wenn du tiefer in die Geschichte der hinduistischen und buddhistischen Kunst eintauchen möchtest.
Hallo Martin!
Die wunderschönen Fotos und Doris‘ und Dein informativer Bericht über diese Tempelanlage machen sofort Lust, sich auf nach Kambodscha zu machen!! Ich hoffe, dass ich das bald mal schaffe!
Ich wünsche dir noch eine gute Reise!
Liebe Grüße
Anita
Hallo Anita,
danke für die lobenden Worte, und du schaffst das schon 🙂
Ganz liebe Grüße
Martin